Friday, September 2, 2011

der homo ideologicus und die postmoderne welt

rambling, in german...

Takashi Murakami

ja, ja der momentane zeitgeist: trügerische ideologien in allen ecken und auf allen ebenen. je anspruchsloser, desto mehr anhänger. das patt zwischen diametral verschiedenen dogmen, welche abgerichtet sind, das andere gedankengut zu attackieren und dämonisieren. machtstrukturen, deren einziger antrieb und inhalt ihr eigener erhalt ist. politisch, wirtschaftlich und religiös. wie ja z.b. die tea party, kapitalistischer kommunismus, verschwörungstheorie-fanatiker, klassische ökonomie, kreationismus, 9-jährige selbstmordattentäter, ein junger, sich bedroht fühlender wohlstands-skandinavier, in fantasie-uniformen posierend, mit etwas makeup im gesicht, ein jahrzehnt lang sich in hass übend.

und dies, ironisch-erweise, in einer ära, wo die erkenntnisse über die realität und uns selber immer mehr ein kohärentes bild vermitteln, welches elemente hervorhebt wie pluralität, plastizität, koexistenz von ideen, das fehlen von absolutem und der einen "wahrheit", intrinsisch dynamisch und konstant sich ändernd, das konstruierte an unserer wahrnehmung, die krise der physik offenbart in ihrem fundament und letztbegründung, die bizarren schichten der micro-realität, die beschleunigte produktion von immer unermesslicheren technologischen errungenschaften, das problem des freien willens, ... sprich die postmoderne erkenntnis. ein sakrileg an unser aufgeklärtes selbstverständnis, welches auf rationalität, objektivität, empirie, absoluten werten, klaren grenzen, etc. aufbaut. und dies von immer mehr physikern, neurowissenschaftlern, linguisten, philosophen, etc.

dabei ist das psotmoderne gefühl doch so befreiend: egal wie sehr ich etwas glaube, egal wie vehement ich im stand bin mein gedankengut zu verteidigen, ich könnte trotzdem falsch liegen. weil die realität unter umständen viel, viel mannigfaltiger sein könnte als ich je zu träumen wagte und mein wissen davon notwendigerweise bedingt ist durch die neuronalen schaltkreise und den exakten mengen von chemischen stoffen in meinem gehirn. betrand russel sagte mal:
those who feel certainty are stupid and those with any imagination and understanding are filled with doubt.

es befreit aber auch von der geiselnahme durch dogmen: fördert eine kompromisslose und radikale offenheit für neue ideen und erlaubt sich dem steten wandel von allem hinzugeben, toleranz und abstraktes einfühlungsvermögen zu entwickeln. aber bevor der faule, überdrüssige, selbst-fokussierte, abgeklärte, verdrängende, starre homo ideologicus sich von der süssen verführung des recht-habens und der wohligen sicherheit einfacher schemen lösen kann, und sich der realität und sich selber stellt, muss der leidensdruck wohl noch etwas steigen.

darum, von meiner eigenen, kleinen realitäts-ideologie aus beurteilend;-)
  • den anderen immer die schuld geben, weniger mitgefühl und empathie, mehr egoismus und laissez-faire, mehr verdrängen, mehr zynismus, weniger verantwortung, mehr verurteilung, mehr verlogenheit, mehr selbstbetrug, mehr verbitterung und verachtung, mehr abgebrühtheit, mehr hass, mehr resignation und frustration, weniger gerechtigkeit, mehr leiden, mehr hinterhältigkeit, mehr entfremdung, viel weniger liebe, dankbarkeit und freude
  • demagogen an die macht, mehr platz den ideologischen hassrednern, mehr populismus, mehr waffen und gewalt, mehr krieg
  • totale dämonisierung der wissenschaft, creation science in die schulen, weniger skepsis, mehr ignoranz
  • weg mit dem umweltschutz, wer braucht schon biodiversität, grössere ökologische footprints, mehr abfall, verbrauchen wir ganzen ressourcen - jetzt, christopher monckton ins IPCC, mehr zerstörung, wen interessiert schon nachhaltigkeit
  • mehr billiger kredit, mehr billiges öl, nie mehr regulationen, mehr steuersenkungen fürs oberste quantil, mehr betäubender konsum, mehr ablenkung, mehr trägheit, mehr fettleibigkeit, mehr unterdrückung, mehr ausbeutung, mehr gier, was interessiert heute die desillusion der jugend, wen interessiert die zukunft, wen geht armut etwas an
  • krankheit und alter existieren nicht, wir sind alle immer jung und gesund
  • und vor allem: keine kollektive intelligenz
nur so...

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